Nach dem Zähneputzen nicht spülen, nur ausspucken?
Frage
Mein sechsjähriges Grosskind besucht im Kanton Obwalden den Kindergarten. Dort wurden die Kinder durch einen Zahnarzt und eine Dentalhygienikerin belehrt, sie sollen nach dem Zähneputzen nicht spülen, sondern nur ausspucken, damit die fluorhaltige Zahnpaste nachhaltiger wirke. Ich finde das absurd und schädlich. Was sagt Ihr Fachmann dazu? D. E. in L.
Kurzantwort
Am wichtigsten ist, dass Kinder nicht demotiviert werden, die Zähne mit einer fluoridhaltigen Zahnpaste zu reinigen. Diejenigen, die nach dem Zähneputzen mit Wasser leicht spülen möchten, sollen dies tun. Diejenigen, bei denen es das persönliche Wohlbefinden im Mund erlaubt, nur auszuspucken, erhalten möglicherweise einen kleinen Prophylaxevorteil. Der Unterschied höherer Fluoridkonzentrationen im Mund ohne Spülen ist derart klein, dass nicht zu spülen nach dem Zähneputzen absolut unschädlich ist.
Die von der Schweizer Zahnärzteschaft erfolgreich eingeführten und seit Jahrzehnten unterstützten Prophylaxemassnahmen in der Schweiz basieren auf drei Pfeilern: 1. regelmässiges und korrektes Zähneputzen, 2. regelmässige Fluoridanwendung, 3. zuckerarme Kost und vermeiden von zuckerhaltigen Zwischenmalzeiten und Getränken.
Weltweit einzigartig
Diese Massnahmen haben bei den Schweizer Jugendlichen heute einen Kariesrückgang von bis zu 90% bewirkt! Dieses Resultat ist weltweit einzigartig. Im Rahmen der Schweizer Schulzahnpflege werden diese Prophylaxemassnahmen heute allen Kindern und Jugendlichen vermittelt und mit Zahnbürsteübungen, Kontrolluntersuchungen und allfälligen Zahnbehandlungen ergänzt.
Regelmässig fluoridhaltig Zahnpaste
Ihre Frage betrifft den erwähnten Punkt 2. Grundsätzlich ist es nützlich, das Fluorid möglichst lange in der Mundhöhle verweilen zu lassen, wo es den Zahnschmelz stärkt, beginnende Karies rückgängig macht und die Bildung von Karies erzeugenden Säuren reduziert. Die Frage lautet also, ob der Nutzen genügend hoch ist, dass das unangenehme Gefühl im Mund, wenn nicht gespült wird, erduldet werden sollte. Die Fluoridkonzentration in den Zahnpasten beträgt zwischen 1000 und 1500 ppm (parts per million). Beim Zähneputzen ohne Nachspülen, nur mit Ausspucken, verbleiben etwa 400 ppm Fluorid im Mund. Beim Zähneputzen mit leichtem Nachspülen verbleiben auch etwa 250 ppm Fluorid weiterhin im Mund. 250 ppm entsprechen übrigens der Konzentration der fluoridhaltigen Mundwasser. Ob nun die um 150 ppm höhere Fluoridkonzentration (wie sie ohne Spülen vorhanden ist) einen höhern Nutzen bringt, ist wissenschaftlich umstritten.
Kinder nicht demotivieren
Am wichtigsten ist, dass die Kinder nicht demotiviert werden, die Zähne mit einer fluoridhaltigen Zahnpaste zu reinigen. Diejenigen, die nach dem Zähneputzen mit Wasser leicht spülen möchten, sollen dies tun. Diejenigen, bei denen es das persönliche Wohlbefinden im Mund erlaubt, nur auszuspucken, erhalten möglicherweise einen kleinen Prophylaxevorteil.
Absolut unschädlich
Beim Zähneputzen wird in der Regel ca. 0,4% der verwendeten Zahnpastenmenge ohnehin verschluckt. Der Unterschied von 0,015% (150 ppm) höherer Fluoridkonzentration im Mund ohne Spülen ist derart klein, das das nicht zu Spülen nach dem Zähneputze absolut unschädlich ist.
Autor: Dr. med. dent. Jürg Eppenberger
Erschienen in: Neue Luzerner Zeitung am 30. Mai 2007